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Ausschussanhörung 24.06.2019 im Landtag NRW - Stellungnahme der BAG ASD

12.6.2019
Artikel erstellt am:
Ausschussanhörung 24.06.2019 im Landtag NRW - Stellungnahme der BAG ASD

Im Kontext der Missbrauchsvorgänge in Lügde erfolgt am 24.06.2019 eine Anhörung im Landtag-NRW. Die BAG ASD ist durch ihren Vorsitzenden beteiligt und hat eine an den Präsidenten des Alndtages NRW adressierte Stellungnahme verfasst:Nicht zum ersten Mal ist der bedauerliche Missbrauch von Kindern/Jugendlichen Anlass zur Diskussion über öffentliche Aufgaben oder gesetzliche Regelungen im Kinderschutz. Der Bundesgesetzgeber hat seit der Einführung des SGB VIII im Jahr 2006 mehrfach weitere gesetzliche Regelungen eingefügt bzw. präzisiert. Die heutigen Kinderschutzregelungen im SGB VIII sind differenziert und weitegehend etabliert.Gleichwohl ist bereits eine weitere Reform des SGB VIII seit 2016 in Bearbeitung. Derzeit ist der fachliche Diskurs auf Bundesebene auch im Kinderschutz eröffnet worden. In den Bereichen:

Heimaufsicht, Kooperation von Jugendhilfe und Gesundheitswesen, Schnittstelle Justiz, Beteiligung und Auslandsmaßnahmen, sind zuletzt im Mai 2017 konkrete Vorschläge (siehe KJSG) zur gesetzlichen Neuformulierung in den Bundestag eingebracht worden.Ferner liegen auf dem Hintergrund des sog. Staufener Kinderschutzfalles und auf der Basis des Hamburger Enqueteberichts vom 19.12.2018 (21/16000) weitere ausführliche Empfehlungen vor, die sich praxisnah mit Verbesserungen im Bereich des Kinderschutzes befassen.

Die BAG ASD/KSD ist insbesondere auf diesem virulenten Hintergrund eher zurückhaltend mit dem Impuls „neue Regelungen“ zu proklamieren.Die wachsende Erwartung der Öffentlichkeit, dass Fachkräfte in den Allgemeinen Sozialen Diensten der Jugendämter auf der Basis ihres gesetzlichen Auftrags und ihrer Qualifikation in den Familien ihres Zuständigkeitsbereichs alle Risiken erkennen, jeden Widerspruch aufdecken und immer wirksam und stets rechtzeitig schützen sollen, ist nicht als Garantie stets und uneingeschränkt erfüllbar. Das Einschätzungsrisiko liegt zuallererst bei den Fachkräften im ASD und muss mit hoher Kompetenz bewältigt werden.Ein qualifizierter Kinderschutz ist nach den wiederholten Neuregelungen der vergangenen Jahre eher durch die Intensivierung der Anstrengungen in Bezug auf Kooperation und Qualifikation zu erreichen, als durch eine Überregulierung eines sowieso schon anspruchsvollen und mit Regelungen, Dienstvorschriften und Verordnungen ausgefüllten ASD-Praxisfeldes. Die Kinderschutzaufgabe der ASDs gehört inzwischen zu einem äußerst belastungsreichen und intensiven Praxisfeld, das zunehmend schwierig personell zu besetzen ist. Der Respekt und die Skepsis vor dieser verantwortlichen, risikoreichen und hoch formalisierten Aufgabe, wächst.Deshalb stehen besonders die Rahmenbedingungen für die ASD Aufgabenerfüllung im Fokus: Arbeit besser machen können – statt neue Regeln für die Arbeit !Das Land NRW muss sein Kinderschutzprofil weiter stärken und verdeutlichen, dass örtlicher Kinderschutz bei aller kommunalen Autonomie in und mit der staatlichen Gemeinschaft stattfindet – eben auch mit konzeptionellen Vorstellungen seitens des Landes. Besonders das Handlungsfeld Pflegekinderhilfe ist hier im Kontext Kinderschutz beispielhaft zu nennen. Die dringend zu überprüfende sog. parallele Zuständigkeit der leistungszuständigen Jugendämter einerseits und der „Wohnsitzgebenden“ Jugendämter andererseits – siehe § 86.6 SGB VIII - ist auch eine länderseitige Gestaltungsaufgabe, zumal das anspruchs- und wertvolle Leistungsfeld Vollzeitpflege insgesamt oft örtlich unzureichend gefördert wird.Folgende – kurzgefasste – strukturelle Anforderungen (Kooperation und Qualifikation) werden aus ASD-Praxissicht eingebracht:

  • Die Kinderschutzlandschaft ist seitens der öffentlichen Jugendhilfe durch Besonderheiten geprägt: 186 selbständige Jugendämter setzen sich aus rd. 50 Kreisen und kreisfreien Städten und 135 kreisangehörigen Gemeinden zusammen. Diese Vielzahl oft kleinerer Jugendämter steht inhaltlich vor den gleichen wachsender Anforderungen im Kinderschutz. Gerade in dieser äußerst heterogenen Struktur kommt der strukturellen Unterfütterung von ASDs mit einer Personalgröße von 8-12 Fachkräften besondere Bedeutung zu. Sowohl die kleinstädtischen ASDs, als auch die Kreis- und Großstadtjugendämter sind für eine verlässliche und krisenfeste personelle Handlungsfähigkeit der ASDs rd. um die Uhr (Rufbereitschaft, Inobhutnahme) verantwortlich.
  • Dazu gehört auch die engagierte Beratung und Fortbildung der beiden NRW-Landes - jugendämter, die sich seit langen Jahren intensiv auch der ASD Praxis widmen. Damit wird seitens des Landes ein Ausgleich ansonsten örtlich nicht durchgängig realisierbarer Ressourcen geschaffen, die sich auf die Qualifikation, Fachkräftegewinnung und konzeptionelle Fundierung des Kinderschutzes (und darüber hinaus) richten.
  • Die Verbesserung der Kooperation zwischen Polizei, Familiengerichten und anderer Berufsgeheimnisträger, auch auf dem Gebiet der Gefährdungseinschätzung in gravierenden Einzelfällen (statt dem bisherigen „...zurückhaltenden Gebrauch in der praktischen Umsetzung einer umfassenderen behördenübergreifenden einzelfallbezogenen Zusammenarbeit“-BMFSFJ, 2.Sitzung der AG SGB VIII, S. 29), ist dringend erforderlich. Hierzu hat die BAG ASD/KSD bereits im Januar d.J. einen konkreten Vorschlag in den Reformprozess des SGB VIII zu § 4 KKG eingebracht - siehe homepage der BAG.
  • Die verbindlichere Kooperation der örtlichen Jugendämter im Kinderschutz auf Kreisebene ist die Voraussetzung für die Schaffung von regional abgestimmten, multiprofessionellen Netzwerken (z.B. Clearingstellen auf der Schnittstelle Gesundheits- und Jugendhilfe).
  • Da es für NRW keine verbindlichen Orientierungsmaßstäbe zur Personalausstattung der 186 ASDs gibt, besteht mindestens das Erfordernis einer jährlich exakt dokumentierten Personalbesetzung auf örtlicher Ebene für alle ASDs. Die Landesregierung ist gefordert, die bereits vorhandenen Daten der SGB VIII-Bundesstatistik einzusehen und auszuwerten. Umfragen zur Personalausstattung und -belastung der ASDs – wie zuletzt vom WDR durchgeführt und veröffentlicht – sind bestenfalls ein Weckruf, ersetzen aber keine valide Datenlage. Auf längere Sicht ist es nicht verständlich, dass die Frage nach der Personalauslastung der ASDs bevorzugt anlässlich problematischer Kinderschutzverläufe gestellt wird, statt sich grundsätzlich und strukturell auch länderseitig um diese wichtige örtliche Ausgestaltung zu kümmern.

Die Bundesarbeitsgemeinschaft ASD/KSD engagiert sich seit Jahren dafür, die fachlichen Belange der ASD Fachkräfte voranzubringen und für dieses wichtige Aufgabenfeld zu werben. Insbesondere Nordrhein-Westfalen sollte seine umfangreiche und bedeutsame Jugendhilfelandschaft besonders im Aufgabenfeld Kinderschutz fördern und wo erforderlich fordern – damit sich örtlich noch mehr bewegt in den Bereichen Strukturentwicklung, Kooperation und Qualifikation.Bundesarbeitsgemeinschaft ASD/KSDgez. Karl Materla (Vorsitzender)

Download: Stellungnahme zur Ausschussanhörung zum Schutz von Kindern und Jugendlichen vor Missbrauch am 24.06.2019

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